O Tannenbaum
Notiz / 22. Dezember 2020
Das Weihnachtsbäumlein (Christian Morgenstern)
Es war einmal ein Tännelein,
mit braunen Kuchenherzlein
und Glitzergold und Äpflein
fein und vielen bunten Kerzlein:
Das war am Weihnachtsfest so grün,
als fing es eben an zu blühn.
Doch nach nicht gar zu langer Zeit,
da stand´s im Garten unten,
und seine ganze Herrlichkeit
war, ach, dahingeschwunden.
Die grünen Nadeln waren verdorrt,
die Herzlein und die Herzlein fort.
Bis eines Tags der Gärtner kam,
Gefunden in: „Reclams Hausbuch zur Weihnachtszeit.“ S. 181
den fror zu Haus im Dunkeln,
und es in seinen Ofen nahm –
hei! tat´s da sprüht und funkeln!
Und flammte heim- und himmelwärts
in hundert Flämmlein an Gottes Herz
Tannengeflüster (James Krüss)
Wenn die ersten Fröste knistern
in dem Wald bei Bayrisch-Moos,
geht ein Wispern und ein Flüstern
in den Tannenbäumen los,
ein Gekicher und Gesumm
ringsherum.Eine Tanne lernt Gedichte,
eine Lärche hört ihr zu.
Eine dicke, alte Fichte
sagt verdrießlich: Gebt doch Ruh!
Kerzenlicht und Weihnachtszeit
sind noch weit!Vierundzwanzig lange Tage
wird gekräuselt und gestutzt
und das Wäldchen ohne Frage
wunderhübsch herausgeputzt.
Wer noch fragt: Wieso? Warum?
Der ist dumm.Was das Flüstern hier bedeutet,
Gefunden in: „Ich schenk dir was. Weihnachtsgedichte für Kinder.“ Reclam Verlag 2018, S.20/21
weiß man selbst im Spatzennest:
Jeder Tannenbaum bereitet
sich nun vor aufs Weihnachtsfest.
Denn ein Weihnachtsbaum zu sein:
Das ist fein!
Advent (Rainer Maria Rilke)
Es treibt der Wind im Winterwalde
Gefunden in: „Der festliche Adventskalender. 24 Gedichte, Lieder und Rezepte.“ Fischer TaschenBibliothek 2017, S. 87.
die Flockenherde wie ein Hirt,
und manche Tanne ahnt, wie balde
sie fromm und lichterheilig wird;
und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin – bereit,
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit.